Was unterscheidet Kühe von Büffeln im Umgang mit Sturm und was können wir für die Führung von Büffeln lernen?
Sehen Kühe einen Sturm aufziehen, beginnen sie instinktiv zu flüchten, was meist zur Folge hat, dass sie genau dahin flitzen, wo der Sturm ebenfalls hinzieht. Das Ergebnis: Die Kühe sind maximal lange dem Sturm ausgeliefert und erleiden ebenso maximale Schäden. Die Büffel verfolgen eine andere Taktik. Sehen sie den Sturm aufziehen, rennen sie direkt hinein. So erwischt es sie kurz und heftig, aber danach können sie friedlich grasen, während die Kühe weiterhin leiden.
Wie oft erwischen wir uns dabei, einer herausfordernden Situation auszuweichen oder sie auf die lange Bank zu schieben. Das kann das drängende Mitarbeitergespräch zur Performance sein, das kann ein schwelender Konflikt zwischen zwei Mitarbeitenden sein oder aber eine unliebsame Aufgabe, die immer haariger zu werden droht. Aufschieben ist wie dem Sturm davonzulaufen. Es verlängert das Leid. Denn wir kreieren “Mental Load”, den Dünger von Stress, der uns wie ein Loch im Schlauchboot konstant Energie raubt. Und am Ende müssen wir dem Sturm ohnehin ins Auge sehen. Warum also nicht direkt?
Allein dieses Bewusstsein und das zügige Anpacken einer Herausforderung stärken schon Resilienz. Denn Resilienz ist weit mehr, als das Erholen von Rückschlägen. Ein Resilienz-Mindset hilft dir dabei, Herausforderungen zu meistern und damit Rückschlägen vorzubeugen.
Das schnelle Überwinden von Rückschlägen ist jedoch ebenso eine entscheidende Kompetenz für Führungskräfte. Es geht darum, in schwierigen Situationen nicht in Ohnmachtsgefühle zu verfallen, sondern den Blick vertrauensvoll nach vorne zu richten und das jetzt Machbare zu erkennen. Den einen Schritt, den du jetzt machen kannst, um etwas Verbesserung zu erzielen. Resilienz ist gewissermaßen das Immunsystem unserer Seele, das uns hilft, mit jeder Herausforderung zu wachsen und uns weiterzuentwickeln. Das Gute daran: Resilienz ist erlernbar!
Resilienz als Haltung: Erfolgreich scheitern
Wir leben in einer Kultur, in der das Scheitern oft mit Schwäche oder Versagen gleichgesetzt wird. Besonders in Mitteleuropa ist der Gedanke, Fehler zu machen, oft mit Scham und Gesichtsverlust verbunden. In den USA hingegen wird dem Scheitern eine andere Bedeutung beigemessen: Dort wird ein Fehlschlag als wertvolle Lernerfahrung betrachtet, sofern man bereit ist, aus diesen Rückschlägen zu lernen und das Gelernte auf neue Situationen zu übertragen. Dieser Perspektivwechsel ist ein zentraler Baustein der Resilienz.
Erfolgreiche Menschen – insbesondere resiliente Führungskräfte – erkennen, dass Rückschläge Teil des Wachstumsprozesses sind. Jede gemeisterte Herausforderung stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit, also das Vertrauen, mit den eigenen Fähigkeiten, zukünftige Probleme bewältigen zu können. Selbstwirksamkeit ist der Schlüssel, der uns handlungsfähig macht, auch in Krisenzeiten.
Resilienz: Das Immunsystem der Seele
Resilienz zu entwickeln, bedeutet nicht, Rückschläge zu ignorieren oder Emotionen zu unterdrücken. Es geht vielmehr darum, aus Fehlschlägen zu lernen, die eigene Stärke zu erkennen und daran zu wachsen. Resiliente Menschen haben die Fähigkeit, sich schneller zu erholen, mit Belastung umzugehen und ihre Energie wieder auf positive Weise einzusetzen, anstatt sich von Ohnmacht oder Angst lähmen zu lassen. Und das Beste daran: Resilienz kann trainiert werden, genauso wie ein Muskel.
Als Führungskraft ist es entscheidend, diese Haltung zu kultivieren und gleichzeitig ein Umfeld zu schaffen, in dem auch das Team resiliente Verhaltensweisen entwickeln kann. Das fängt bei der bewussten Auseinandersetzung mit Stress an.
Stressbewältigung: Emotionen erkennen und handlungsfähig bleiben
Mehrdimensionale Beanspruchung ist allgegenwärtig, insbesondere in Führungspositionen. Ob wir das als Stress sehen, liegt aber daran, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Es gibt nicht die eine wahre Realität – jeder Mensch filtert Informationen durch seine eigenen Erfahrungen, Annahmen und Überzeugungen. Dabei verzerren Emotionen unsere Wahrnehmung zusätzlich. Wie resilient wir sind, ist daher sehr individuell.
In Stresssituationen übernimmt das Angstzentrum unseres Gehirns, die Amygdala, die Kontrolle, was unsere Fähigkeit, klar und logisch zu denken, erheblich beeinträchtigt. Wenn die Amygdala aktiviert wird, befinden wir uns mental (und körperlich) im sogenannten „Kampf-oder-Flucht“-Modus (im Englischen „Fight-or-Flight“), der durch Angst oder Aggression gesteuert wird.
Anstatt besonnen zu reagieren, greifen wir an, flüchten oder erstarren. Dies ist eine automatische Stressreaktion, die uns kurzfristig vor Gefahren schützt, langfristig jedoch unsere Handlungsfähigkeit einschränken kann.
Wie also lässt sich unsere Resilienz stärken?
Umgang mit Stress als Führungskraft: Praktische Ansätze
Der erste Schritt besteht darin, die eigenen Emotionen und Bedürfnisse zu erkennen, die hinter dem Stress stecken. Anstatt sich von der Angst oder Aggression leiten zu lassen, kannst du dich fragen: „Was liegt jetzt in meiner Macht?“ Diese Frage hilft, den Fokus wieder auf das zu richten, was du kontrollieren kannst – und das ist der Schlüssel zur Handlungsfähigkeit.
Praxis-Tipp für den Umgang mit gestressten Mitarbeitern:
- Erkenne die Emotionen deines Gegenübers an, ohne sie zu bewerten. (Beispielsweise: „Ich sehe, dass dich diese Situation belastet.“)
- Versuche nicht, die Emotionen herunterzuspielen oder durch Rationalität zu entkräften – das könnte die Situation verschlimmern.
- Frage die Person, was sie jetzt braucht und wie du helfen kannst.
Fünf Schritte zur Förderung der Resilienz-Kompetenz: Ressourcen erkennen und stärken
Wie kannst du nun konkret deinen Mitarbeitenden dabei helfen, resilienter zu werden und ihre eigenen Ressourcen zu erkennen?
Dabei spielen Selbstreflexion und der gezielte Blick auf bisher gemeisterte Herausforderungen eine entscheidende Rolle. Mit den folgenden fünf Schritten kannst du im Gespräch mit deinen Mitarbeitenden das Bewusstsein für ihre eigenen Stärken und Bewältigungsstrategien stärken.
1. Gemeisterte Herausforderung:
Ermutige die Person, sich an eine schwierige berufliche Situation zu erinnern, die sie erfolgreich gemeistert hat. Lasse sie diese Herausforderung im Detail beschreiben. Dies hilft, positive Erlebnisse ins Gedächtnis zu rufen und zeigt, dass sie bereits über die notwendigen Fähigkeiten verfügt, um mit schwierigen Situationen umzugehen.
2. Bewältigungsstrategien:
Bitte die Person, zu erklären, wie sie die beschriebene Situation bewältigt hat. Achte darauf, ob dabei Muster oder Strategien erkannt werden können, die immer wieder zum Erfolg geführt haben. Das Erkennen solcher Erfolgsmuster zeigt, dass bestimmte Verhaltensweisen und Denkansätze bereits in der Vergangenheit hilfreich waren und auch in der Zukunft angewendet werden können.
3. Positive Energizer:
Frage nach den Menschen, die in schwierigen Situationen Kraft geben. Wer sind die „Energizer“, die die Person innerlich aufrichten und unterstützen? Das bewusste Erkennen dieser positiven Einflüsse kann dazu beitragen, gezielt Unterstützung im Umfeld zu suchen, wenn neue Herausforderungen auftreten.
4. Energievampire:
Frage nach den Faktoren, die in der belastenden Zeit Negativität und Stress verstärkt haben. Wer oder was hat in solchen Momenten Energie geraubt und das Wohlbefinden negativ beeinflusst? Das Identifizieren von „Energievampiren“ hilft, diese negativen Einflüsse zu minimieren oder in zukünftigen Situationen gezielt zu umgehen.
5. Lösungsorientiertes Verhalten:
Bitte die Person, zusammenzufassen, was ihr letztendlich geholfen hat, die schwierige Situation zu überwinden und Lösungen zu finden. Welche Schritte, Denkweisen oder Ressourcen waren entscheidend? Das bewusste Reflektieren dieser Lösungsstrategien stärkt das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, auch zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
Diese fünf Schritte helfen nicht nur dabei, die Resilienz-Kompetenz der Mitarbeitenden zu fördern, sondern schaffen auch ein tieferes Bewusstsein für die eigenen Ressourcen. Diese Selbstreflexion trägt langfristig dazu bei, dass sie gestärkt aus zukünftigen Herausforderungen hervorgehen.
Fazit: Resiliente Führung als Schlüssel zum Erfolg
Rückschläge und Stresssituationen gehören dazu – die Frage ist, wie wir darauf reagieren. Durch das bewusste Erkennen von Emotionen, den aktiven Umgang mit Stress und das Stärken der eigenen Fähigkeiten und der Ihres Teams können Sie nachhaltige Erfolge erzielen und auch in herausfordernden Situationen und stürmischen Zeiten handlungsfähig bleiben.
Resilienz ist keine starre Eigenschaft, sondern eine dynamische Fähigkeit, die durch Übung und Selbstreflexion gestärkt wird. Indem wir uns selbst und andere dabei unterstützt, Stärken zu entwickeln und sich den Herausforderungen zu stellen – wie die Büffel im Sturm –, schaffen wir eine Kultur der Widerstandsfähigkeit und des Wachstums. Einfach jeden Tag im kleinen Rahmen. Schritt für Schritt.