Kommt dir das bekannt vor? Montagmorgen, 9 Uhr. Das Team-Meeting beginnt, aber die Atmosphäre ist angespannt. Kaum einer schaut auf, als du den Raum betrittst. Statt angeregter Diskussionen gibt es nur betretenes Schweigen oder – noch schlimmer – subtile Zeichen von Skepsis. Du präsentierst eine neue Strategie, aber in den Gesichtern deiner Mitarbeitenden spiegelt sich Misstrauen wider. Die Frage, die dir unweigerlich durch den Kopf geht: Warum ziehen sie nicht mit?
Vertrauen aufbauen – Schlüsselkompetenz für jede Führungskraft
Ohne Vertrauen läuft in der Führung nichts. Es ist die unsichtbare Brücke zwischen dir und deinem Team – ohne sie arbeitest du vielleicht mit Titeln und Befehlen, aber niemals mit echter Überzeugung. Doch das Gute ist: Vertrauen ist keine Magie, sondern ein Resultat bewussten Verhaltens. Charles H. Green hat es in einer einfachen Formel zusammengefasst:
Vertrauen = (Glaubwürdigkeit + Zuverlässigkeit + Nähe) / Eigennutz
Klingt komplex? Keine Sorge, wir schauen uns an, wie du diese Formel für dich und dein Team in die Praxis bringen kannst.
1. Glaubwürdigkeit: Das Fundament deines Vertrauens
Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch schicke Titel oder grosse Reden, sondern durch gelebte Werte und Vertrauenswürdigkeit. Dazu gehört, dass sich deine Mitarbeitenden auf dich verlassen können und deine Rückendeckung haben, wenn es drauf ankommt.
So baust du Glaubwürdigkeit auf:
- Kommuniziere klar und offen: Deine Mitarbeitenden müssen verstehen, warum du bestimmte Entscheidungen triffst. Sag, was Sache ist, auch wenn es unbequem ist.
- Lass den Gossip aus: Als Führungskraft bist du kein Teil des Flurfunks. Gerüchte und Tratsch schaden deiner Integrität und Glaubwürdigkeit.
- Teile dein Wissen: Werde zur Ressource für dein Team. Zeige, dass du am Erfolg aller interessiert bist, indem du dein Fachwissen teilst und andere unterstützt.
- Fördere das Wachstum deiner Mitarbeitenden: Investiere in die Weiterentwicklung deines Teams – das zeigt, dass dir nicht nur die Zahlen, sondern auch die Menschen dahinter wichtig sind.
2. Zuverlässigkeit: Versprechen halten ist mehr als eine Floskel
Du weisst es selbst: Menschen wollen Führungskräfte, die tun, was sie sagen. Ein gebrochenes Versprechen hier, eine unerfüllte Zusage dort – schon ist das Vertrauen dahin. Zuverlässigkeit bedeutet, dass du als Führungskraft berechenbar und verlässlich bist. Nicht 5 von 10 Mal, sondern konsequent. Wenn auf dein Wort Verlass ist.
So stärkst du das Vertrauen in deine Zuverlässigkeit:
- Halt deine Versprechen: Verpflichte dich nicht zu etwas, das du absehbar nicht einhalten können wirst.
- Folge deinen Worten mit Taten: Es bringt nichts, grosse Visionen zu präsentieren, wenn du sie nicht in die Tat umsetzt. Das Team beobachtet genau, ob du deinen Worten Taten folgen lässt.
- Sei transparent bei Verzögerungen: Wenn es mal nicht nach Plan läuft (und das wird es hier und da gewiss), sprich es an. Offenheit in schwierigen Momenten zeigt Charakterstärke und bindet das Team. Damit zeigst du als Vorbild, dass es ok ist, wenn nicht alles glatt läuft – solange ihr das einander transparent macht und gemeinsam nach Lösungen sucht.
3. Nähe: Zeig dich als Mensch, nicht nur als Chef
Kaum jemand vertraut einem gesichtslosen Boss der Teppichetage. Nähe bedeutet, dass du als Mensch erlebbar bist und aufrichtiges Interesse an deinem Team hast. Es geht um Empathie, Verbindlichkeit und das Schaffen von echter zwischenmenschlicher Verbindung.
So bringst du Nähe in deine Führung:
- Lass regelmässige Gespräche stattfinden: Lerne die Menschen hinter den Rollen kennen. Was treibt sie an? Welche Ziele haben sie? Nähe entsteht durch echtes Interesse.
- Sei präsent: Präsenz ist mehr als körperlich anwesend zu sein. Leg dein Handy zur Seite, schau den Menschen in die Augen und schenke ihnen deine Aufmerksamkeit – sie merken den Unterschied.
- Höre aktiv zu: Nicken allein reicht nicht. Gehe auf das ein, was deine Mitarbeitenden sagen, stelle Fragen, ermögliche so Selbstreflexion und selbst gewonnene Erkenntnisse, statt Vorgaben.
4. Eigennutz reduzieren: Es geht nicht um dich
Wenn dein Team den Eindruck hat, dass du nicht nachvollziehbare Entscheidungen troffst oder vor allem deinem eigenen Vorteil im Blick hast, verabschiedet sich das Vertrauen. Wer hingegen zum Wohle aller handelt, im Sinne eines Systems, gewinnt Loyalität.
So zeigst du, dass es um das Team geht:
- Entscheide im Sinne des Teams: Mach deutlich, wie deine Entscheidungen das Team voranbringen. Transparenz ist hier entscheidend.
- Fordere Feedback ein: Offenheit für Kritik und Selbstreflexion zeigt, dass du an dir arbeiten möchtest – und das schafft Vertrauen.
Effiziente Priorisierung mit der „Quick Wins“-Matrix
Um die genannten Prinzipien erfolgreich umzusetzen, ist es wichtig, deine Zeit und Ressourcen effektiv einzusetzen und dich nicht in zu vielen offenen Projekten zu verlieren, die du nicht zu Ende bringst. Denn das schadet langfristig deiner Glaubwürdigkeit. Die folgende Matrix zeigt, wie du Aufgaben priorisieren kannst, um schnelle Erfolge (Quick Wins) zu erzielen, wichtige Projekte nicht zu vernachlässigen und dich nicht in Zeitfressern zu verlieren.

Anwendungstipps:
- Quick Wins: Aufgaben mit hoher Wirkung und niedrigem Aufwand. Diese sofort erledigen, um schnelle Erfolge zu erzielen und Selbstwirksamkeit zu stärken.
- Planung wichtige Projekte: Aufgaben mit hoher Wirkung, aber hohem Aufwand. Diese sollten als nächstes angegangen werden, erfordern aber mehr Ressourcen. Deshalb werden diese Aufgaben als Projekte geplant, damit sie ausreichend Ressourcen erhalten und nicht verpuffen.
- Lückenfüller: Aufgaben mit niedriger Wirkung und niedrigem Aufwand. Erledige diese, wenn Zeit ist, aber sie haben keine Priorität.
- Zeitverschwender: Aufgaben mit niedriger Wirkung und hohem Aufwand. Diese sollten vermieden oder delegiert werden.
Wo stehst du? Die Selbstreflexion
Vertrauen ist kein Projekt mit Anfang und Ende, sondern eine tägliche Aufgabe, wie das Giessen eines Samens, der zu einer fruchttragenden Pflanze heranwächst. Stell dir regelmässig folgende Fragen:
- Wie nehme ich mein Team wahr – und wie nehmen sie mich wahr?
- Können meine Mitarbeitenden auf mich zählen?
- Bin ich für mein Team greifbar und unterstützend?
- Würde mein Team mich als Vorgesetzte*n freiwillig wiederwählen?
Fazit: Vertrauen ist keine nette Idee – es ist dein Fundament
Ohne Vertrauen funktioniert keine Führung. Du kannst die ausgeklügelsten Strategien haben und die besten Pläne schmieden – wenn dein Team dir nicht vertraut, fahrt ihr mit angezogener Handbremse. Vertrauen entsteht durch Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Nähe – und durch den Verzicht auf Egoismus. Werde zum Vorbild, das andere begeistert – und sieh zu, wie dein Team dir folgt.
Ein letzter Denkanstoss: Denke an die besten (oder schlechtesten) Chefs, die du selbst erlebt hast. Was hast du von ihnen gelernt – positiv wie negativ? Jetzt bist du an der Reihe, Spuren zu hinterlassen – mit Vertrauen als deinem stärksten Werkzeug.